Kauzig
22.12.2018
Isegrim kriegt sich nicht mehr ein. Jetzt bläst der NABU selber zum Halali auf die Wölfe. Volker Steck vom NABU Xanten (Niederrhein) erklärt warum: Wenn der Wolf kommt, müssen die Schafe gehen. Dann wächst die Vegetation auf den Wiesen hoch, auf denen die Steinkäuze Beute machen. Deshalb müsse das Wolfskonzept für NRW überdacht werden. „Mit der Entnahme von Wölfen, die regelmäßig Weidetiere töten, würde der bundesweite Bestand in keiner Weise gefährdet.“ Wegen der Steinkäuze. So einfach ist das.
Solch ein Unfug ist das. Es steckt ein schlichtes Denken dahinter, das die Natur als ein simples eindimensionales Gefüge begreift, zum Beispiel so: Weniger Füchse – mehr Hasen. Viele Krähen – wenige Bodenbrüter. Und ein paar Wölfe – weniger Schafe, und dann keine Steinkäuze. Dieses Denken, dachte ich, haben wir seit langem ad acta gelegt. Und gerade der NABU hat sich ja unbestreitbare Verdienste erworben, mit dem simplen Nutzen-Schaden-Denken aufzuräumen. Aber das hört anscheinend dort auf, wo man seine ganz speziellen Lieblinge hat. Hier wird das Verständnis von Vielfalt und Vernetztheit ausgeblendet und fängt extremer Artenschutz an. Da schützt dann jeder seinen eigenen Liebling – und am Ende gibt es nichts mehr zu schützen.
Natur – das ist ein ungeheuer kompliziertes Geflecht von Beziehungen zwischen Tieren, Pflanzen und unbelebter Natur. Vielleicht werden die zurückkehrenden Wölfe zu weniger Schafen in der Landschaft führen. Aber der Rückgang der Schafhaltung, die dramatischen (negativen) Veränderungen in unserer Kulturlandschaft haben herzlich wenig mit Wölfen zu tun. Wir stecken seit Jahrzehnten bereits mitten drin in diesem Trend zur Artenverarmung. Ausgerechnet bei den Wölfen jetzt eine Gefahr für die Artenvielfalt zu sehen, mit dem Steinkauz als Galionsfigur – das ist eine schlichte Sicht der Dinge. Da sieht jemand den Wald nicht vor lauter Bäumen.