Pass besser auf! … wenn Du mit Wotsch (Ulrich Wotschikowsky) zu tun hast! Will sagen: Man komme ihm nicht mit ideologisch verkleisterten „Erkenntnissen“, womöglich noch im Tremolo der Allwissenheit vorgetragen! Wer das tut, wird filetiert, oder „abgewotscht“, wie einige seiner Freunde sagen – mit Fachwissen, präsentiert in pointenreicher Rede, die den Zuhörer sofort an die Suchmaschine zieht: Was hat der Mann denn bitteschön sonst noch so zu sagen? Mehr davon!
Wotsch, Jahrgang 1940, ist studierter Förster, der früh begriff, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht übersehen darf. Was der gebürtige Brandenburger mit sorbischen Wurzeln und dem unverwechselbaren bayerischen Bass schon in den 1970er Jahren im Nationalpark Bayerischer Wald erkannte, ist heute Allgemeingut: Der Festmeterblick vieler Förster führt auf den Holzweg, zu den falschen Wäldern und zu lebensfeindlichen Rest-Lebensräumen. Deshalb verließ er mit 38 den Staatsdienst und qualifizierte sich – nach einer journalistischen Zwischenstation bei einer Hamburger Jagdzeitschrift – bei der Wildbiologischen Gesellschaft München (WGM), der er 17 Jahre lang angehörte, als Fachmann für jagdbares Wild und die großen Predatoren Wolf und Luchs.
Seine zehnjährige Untersuchung an Rehen in Hahnebaum, Südtirol, gilt heute als eine Landmarke der Rehwildforschung. Dort entwickelte er auch den Lehrstoff für die Jägerschule Hahnebaum. Wotsch erarbeitete ein „Leitbild Rotwildmanagement“ (2010), das auf beiden Seiten des Wildschutzgatters große Beachtung fand: bei denen, für die der Hirsch nur ein großer brauner Waldschädlling ist ebenso wie bei jenen, die Cervus elaphus verherrlichen.
Wotschs Liebe und seine wissenschaftlich/publizistische Hinwendung galt und gilt aber immer wieder den berühmten Rückkehrern Luchs und Wolf. Erfahrungen, die er – unter anderem – an der Seite von Bob Hayes (dessen Buch Wolves of the Yukon er ins Deutsche übersetzt hat) gewann, qualifizieren ihn zu dem, was er über die Jahre geworden ist: Erste Adresse in Deutschland, wenn es um Wölfe geht und um die Fragen, die sich damit aktuell und mittelfristig stellen.
Nach seinen Grundsätzen fürs Leben befragt, bietet Wotsch gleich drei an:
Ich werde nicht alt genug, um nicht immer noch dazuzulernen.
Mein Leben wäre armselig ohne Wildtiere.
Das Glas ist immer halb voll.
Ich erlaube mir – aus der Erinnerung zitiert – einen Erfahrungssatz hinzuzufügen, der von einem Mann stammt, den Wotsch und ich gleichermaßen schätzen und verehren: „Tierliebe sollte bitte schön ein Fundament aus Tierwissen haben. Wenn dem nicht so ist, kann es übel ausgehen … für die Tiere.“ (Horst Stern)
Claus-Peter Lieckfeld