Sachsens Wolfspolitik schießt ein Eigentor

Sachsens Wolfspolitik schießt ein Eigentor

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25.01.2017

Pumpak - gut genährt, habituiert, aber gefährlich? Foto LUPUS

Pumpak – gut genährt, habituiert, aber gefährlich? Foto LUPUS

In Sachsen soll ein Wolf erschossen werden. Die Schutzverbände stehen auf den Barrikaden. Dies ist passiert:

Seit Mitte November treibt sich unweit von Rietschen, Sachsen, ein Wolf in Siedlungen herum. Pumpak, so heißt er inzwischen, ist ein Jährling aus dem polnischen Ruszakrudel, dessen Territorium über die Neiße bis nach Sachsen reicht. Als Welpe ist er wiederholt von Menschen gefüttert worden, seine Identität ist genetisch erwiesen. Einem Jäger, der im Garten ein Wildschwein geschlachtet hatte, hat er im Sommer 2016 die Sauschwarte geklaut. Pumpak kontrolliert die Komposthäufen und frisst dort alles Mögliche, sogar Kaffeefilter oder Grünzeug, das die Hauskaninchen verschmähen.

Kein Zweifel: Pumpak ist nicht nur ein bisschen, sondern gründlich habituiert, also an Menschen gewöhnt. Das bedeutet Alarm. Denn starke Habituierung ist sehr oft die Eingangspforte für Gefährlichkeit. Solche Wölfe wollen wir nicht haben. Der Managementplan Wolf Sachsen sieht in einem solchen Fall vor, das Geschehen intensiv zu beobachten, den Wolf ggf. einzufangen, zu besendern und anschließend zu vergrämen. Erst wenn das nicht gelingt, ist der Wolf zu „entnehmen“ – sprich zu erschießen.

Das ist nun allerdings ein ziemlich umständliches Procedere, kostspielig und zeitaufwändig. Der Bevölkerung ist das alles kaum zu vermitteln. Darüber hinaus ist Vergrämung in drei von vier Fällen erfolgslos. MT6, der das Wolfsmanagement und die Wolfspolitik in Niedersachsen ein Jahr lang beschäftigte und schließlich erschossen wurde, ist ein Beispiel dafür. Solch ein Fall sollte sich nicht wiederholen.

All das könnte der Grund sein, warum sich das Landratsamt Görlitz all das gespart und einen Jäger beauftragt hat, Pumpak zu erschießen. Vom Ministerium, das diese Entscheidung billigen oder zurückweisen muss, ist keine Reaktion bekannt geworden.

Das Büro LUPUS hat das Geschehen von Anfang an beobachtet und dokumentiert, hat jedes Ereignis umgehend sowohl ans Landratsamt als auch ans Ministerium berichtet. Zu einer fachlichen Bewertung der Situation ist es aber niemals gefragt worden. Sondern das Landratsamt hat die Entnahme des Wolfes ohne eigene fachliche Kompetenz verfügt, auch ohne die erst vor kurzem installierte Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf (DBBW) auch nur zu konsultieren. Deren Sitz ist ebenfalls Görlitz und ich frage mich, wozu man die überhaupt eingerichtet hat.

Das Ministerium hat die selbstherrliche Verfügung des Landratsamtes ohne Kommentar hingenommen. Und so hat denn die Sache jetzt, wie es der Schwabe ausdrückt, „a G’schmäckle.“ Auf deutsch: Sie stinkt.

Ich halte es für richtig, einen Wolf, der offensichtlich stark habituiert ist und sich wiederholt in Siedlungen zeigt, zu entnehmen. Wir dürfen nicht darauf warten, bis er gefährliches Verhalten zeigt, sondern es darf gar nicht erst so weit kommen. In dubio also pro Bevölkerung, nicht pro lupo. Priorität hat nicht ein Einzelschicksal, sondern die Akzeptanz der Wölfe und des Wolfsmanagements (einschließlich der Leute, die es umzusetzen haben).

Ich halte es aber für nicht hinnehmbar, dass sich ein Landratsamt über den Managementplan Wolf hinwegsetzt und sich solch eine fachliche Entscheidung anmaßt. Und ich wundere mich über ein Ministerium, das diesen Vorgang einfach nur hinnimmt. Hat man in Dresden etwa Schiss vor Pegida und AfD? In Sachsen ist das eine sehr berechtigte Frage.

Unterschrift UW

 

 

Versäumen Sie es nicht, Eckhard Fuhrs Beitrag im FORUM zu lesen (ich hätte ihn gerne auf der Startseite platziert, aber Pumpak hat die Aktualität bestimmt).