In der Wolfspolitik haben Fakten einen schweren Stand – von Eckhard Fuhr

In der Wolfspolitik haben Fakten einen schweren Stand – von Eckhard Fuhr

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13.01.2017

Eckhard Fuhr

Eckhard Fuhr

In der Wolfspolitik steckt erhebliches Konfliktpotenzial. Der Landwirtschaftsminister jedenfalls fordert Obergrenzen. Es ist an der Zeit, dass die Kanzlerin ein energisches „Wir schaffen das“ spricht.

Diese Woche ist in der Bundesregierung ein neuer Streit um Obergrenzen ausgebrochen. Nachdem Landwirtschaftsminister Christian Schmidt mit markigen Worten („Es ist Zeit zu handeln!“) dazu aufgerufen hatte, die Willkommenskultur zu beenden, hat sich nun Umweltministerin Barbara Hendricks entschieden vor die Zuwanderer gestellt.

Die tragen einen grauen Pelz und fressen manchmal Schafe. Schmidt meint, das könne so nicht weitergehen. Eine „begrenzte Abschussfreigabe“ sei angezeigt. Hendricks erwidert, dass man auch heute schon ohne pauschale Abschussfreigabe einschreiten könne, wenn Einzelne der grauen Migranten es zu bunt trieben.

Es war zu erwarten, dass die Wolfspolitik irgendwann auch die große Koalition in Berlin erreicht. In ihr steckt erhebliches Konfliktpotenzial, obwohl eigentlich gar kein Grund zur Aufregung bestünde, wenn man sich nur an die Fakten hielte.

Post- oder präfaktisch

Ob man das, was Minister Schmidt zur Begründung seiner Abschussforderung vorbrachte, als post- oder eher als präfaktisch bezeichnen muss, sei dahingestellt: Der Wolf habe bei uns keine natürlichen Feinde. Deshalb müsse er reguliert werden. Wie bitte?

Mir fallen eine ganze Menge natürlicher Feinde ein, die den Wolfsbestand dezimieren, Würmer etwa und andere Parasiten, die Staupe, die Räude und nicht zuletzt Wölfe selbst.

Denn viele Jungwölfe kommen durch Artgenossen ums Leben, wenn sie auf der Suche nach einem Revier deren Territorium durchqueren. Die Wolfspopulation wächst schon nicht in den Himmel.

Aber limitiert wird sie in der Tat nirgendwo durch „natürliche Feinde“, sondern überall letztlich durch das Angebot an Beutetieren.

Die paar hundert Wölfe!

Und da ist das Limit in unserer mit Stickstoff vollgepumpten Agrarlandschaft, die nicht nur Schweine und Rinder nährt, sondern auch jede Menge wild lebende Huftiere, noch lange nicht erreicht. Jede politisch gesetzte Obergrenze wäre willkürlich.

Es ist an der Zeit, dass die Bundeskanzlerin ihren schönen Satz „Wir schaffen das!“ wiederholt.

(Der Artikel erschien in der WELT am 13.01.2017)