LCIE in Trient: Hybridisierung im Mittelpunkt

LCIE in Trient: Hybridisierung im Mittelpunkt

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23.03.2018

Drei Tage lang trafen sich die Mitglieder der Large Carnivore Initiative for Europe im italienischen Trento, um über Schutz und Management der großen Beutegreifer zu beraten. Natürlich standen die Wölfe im Vordergrund – und hier ganz besonders das so genannte Hybridenproblem.

Henrik Andren (Schweden), Francesca Marucco  und Claudio Groff (Italien) in der Diskussion des Bärenprojekts im Trentino.

Henrik Andren (Schweden), Francesca Marucco und Claudio Groff (Italien) in der Diskussion des Bärenprojekts im Trentino.

So genannt, also kein wirkliches Problem? So konnte man Carsten Nowak vom Institut Senckenberg verstehen, der seine genetischen Arbeiten an Wölfen (und anderen Arten) vorstellte. Er räumte überzeugend mit einer ganzen Serie von Missverständnissen auf, die derzeit besonders in Deutschland die Runde machen, und stellte ein neues Verfahren vor, mit dem eine Identifizierung von Hybriden künftig sehr viel leichter und sicherer möglich sein wird. Dabei arbeitet Senckenberg mit mehreren internationalen Instituten zusammen. Seine entscheidenden Aussagen: Es gibt in Europa (mit Ausnahme Italiens) nur sehr wenige Fälle von Hybridisierung Wolf-Hund aus neuerer Zeit. Weiter als drei Generationen lässt sich Hybridisierung allerdings nicht zurückverfolgen. Aber schon Paolo Cucchi hatte in seinem Einführungsvortrag (Was ist ein Hybrid?) überzeugend dargelegt, dass Hybridisierung ein ständiger Vorgang, ja geradezu ein Element der Evolution ist und in der politischen Diskussion überbewertet wird. Nowak wird demnächst sein neues Verfahren auf Wolfsite vorstellen. Daran sollte man freilich nicht die Hoffnung knüpfen, dass dieser künstliche Streit damit beendet sein wird: Die Wolfsgegner werden sich nicht belehren lassen.

Andere Gegenstände der Referate und Diskussionen waren die Definition und Abgrenzung von Populationen (ein Dauerthema wegen der enormen räumlichen Dynamik im Wolfsgeschehen) und die erfolgreiche Wiederansiedelung des Braunbären im Trentino (dort lebn derzeit rund 50 Bären). Zur Sprache kamen ferner Überlegungen, sich beim Wolfsmonitoring künftig nicht nur auf Rudel bzw. territoriale Paare zu konzentrieren, sondern auch die Anzahl der Individuen anzugeben, was allerdings stets nur eine Schätzung, aber keine Zählung sein kann. Darüber hinaus ging es um den Umgang mit verhaltensauffälligen (sog. Problem-)Wölfen, um die Gefährdung von Menschen durch Wölfe, um die Zonierung (wolfsfreie Gebiete), um den Zusammenhang von Bejagung und Herdenschutz, und noch einiges mehr.

Hybridisierung - heißes Thema in der Arbeitsgruppe.

Hybridisierung – heißes Thema in der Arbeitsgruppe.

Die LCIE ist eine Gruppe von etwa 45 Fachleuten aus den EU-Ländern, die die Europäische Kommission in Fragen bezüglich der fünf großen Beutegreifer Europäischer und Iberischer Luchs, Wolf, Bär und Vielfraß beraten. Die LCIE hat den Status einer IUCN-Specialist-Group und besteht seit 1995. Ihr Wort hat erhebliches Gewicht in der EU. Geleitet wird sie von Prof. Dr. Luigi Boitani.