Lasst den Wolf wiederkommen, überall

Lasst den Wolf wiederkommen, überall

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05.07.2015

Ein „Positionspapier zur Rückkehr des Wolfes in Deutschland“ hat der Deutsche Jagdverband (DJV) auf seiner Jahreshauptversammlung in Dresden herausgegeben. Das Papier ist eine große Enttäuschung. Außer dem Standpunkt, dass die deutschen Wölfe ehestmöglich in ihrem Schutzstatus herabgestuft werden sollten (damit man möglichst bald welche schießen kann – was sonst!), enthält dieses Papier keinerlei „Positionen“. Dafür aber jede Menge „Forderungen“ – an wen auch immer. Eigene Angebote dagegen – Fehlanzeige. Das meiste ist kalter Kaffee, längst erkannt, manches erledigt, vieles in intensiver Bearbeitung. Das Papier hinkt dem Wolfsgeschehen weit hinterher.

Der DJV ist ein staatlich anerkannter Naturschutzverband. Da hätte man von einem „Positionspapier“ wahrhaftig mehr erwarten dürfen. Zunächst, vielleicht in einer Präambel, ein freundliches Wort darüber, dass das bis in jüngste Zeit meistverfolgte größere Wildtier wieder zurückkommt. Es muss ja nicht gleich ein „Willkommen Wolf!“ sein – wer wollte den Jägern verdenken, dass sie Angst um ihre künftigen Jagdmöglichkeiten haben! Aber nicht einmal zwischen den Zeilen ist dem DJV ein positives Wort zum Wolf eingefallen. Nach einer dürren Einleitung äußert er keine Vorstellungen darüber, wie er sich eine Zukunft mit Wölfen vorstellt. Zu einer der größten Herausforderungen für das Jagdwesen in Deutschland seit Jahrzehnten hat der Dachverband der Jäger so gut wie nichts zu sagen.

Trotzdem gibt es Positives – und sei es nur das, was NICHT in dem Positionspapier steht, nämlich die vielen aggressiven Vorstellungen aus dem Lager der Jäger (und der Landwirte) – als da wären: Wolf ins Jagdrecht! No-Go-Areas für Wölfe! Bestandsobergrenzen für die einzelnen Länder! Feuer frei auf Wölfe, die sich auffällig benehmen! Das Papier verzichtet auf solche Forderungen, ist auch in moderatem Ton gehalten – alles keine Selbstverständlichkeiten angesichts des giftigen Tonfalls, der in den Jagdmedien angeschlagen wird, und der vielfältigen Pressionen, denen sich der Verband außer von seinen eigenen Mitgliedern auch von der Landwirtschaft ausgesetzt sieht. Mehrere Forderungen in diesem Papier zum Wolfsmanagement kann, ja soll und muss man energisch unterstützen.

Ich kann mir vorstellen, dass manchen Jägern, die den Wolf einfach nicht haben wollen, dieses Papier genau wegen seines moderaten Tonfalls und seiner inhaltlichen Leere nicht weit genug geht; dass sie die harte Sprache vermissen, die sie am Stammtisch oder bei Veranstaltungen, wo sie weitgehend unter sich sind, selber gerne anschlagen. Was hätte man ihnen sagen sollen?

Ich sage ihnen unverdrossen dies:

Wenn wir den Schutzgedanken ernst nehmen, dann haben wir der Ausbreitung und Vermehrung der Wölfe so lange tatenlos zuzusehen, bis sie die geeigneten Lebensräume in unserem Land besiedelt haben. ALLE Lebensräume! Die vom Bundesamt für Naturschutz schon vor Jahren vorgestellte Habitatanalyse kommt zu dem Schluss, dass wir Raum für etwa 440 Rudel haben, oder etwa 1.300 erwachsene Wölfe. Deutlich mehr also als die von der EU geforderten 1.000 erwachsenen für eine Population in günstigem Erhaltungszustand. Na und?

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Die ständige Auseinandersetzung mit Wölfen hat den Rothirsch und andere Arten zu dem faszinierenden Wildtier gemacht, das wir so schätzen. Copyright: S.Koerner@lupovision.de.

 

Der Schutz von Wildtieren heutzutage kann sich nicht darin erschöpfen, eine von Behörden festgelegte statistische Zahl von Individuen irgendwo zu bewahren. Wir wollen mehr: Wollen die evolutive Power von Wölfen wieder präsent haben in unseren Ökosystemen. Wollen ihre formende Kraft wieder aufleben lassen, die unsere anderen Wildtiere – die Rot- und Damhirsche, Rehe, Wildschweine – zu dem gemacht hat, was sie sind: faszinierende, wertvolle, großartige Ergebnisse der Schöpfung. Zwei Jahrhunderte lang ist diesen Arten der prägende Eingriff, den Wölfe ausüben, vorenthalten worden. Nun eröffnet sich die einmalige Chance zur Umkehr.

Also lasst uns zusehen, wie sich das entwickelt. Eine stattliche Anzahl von Jägern würde sich mit mir darüber freuen.

Ihr

 Unterschrift UW