Wolfspolitik in Bayern – zum Davonlaufen

Wolfspolitik in Bayern – zum Davonlaufen

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10.08.2018

Was tut man als Wolf, wenn man in Bayern geboren wird? Am besten sucht man das Weite. Von den drei Wölfen, die im vorigen Jahr im Bayerischen Wald zur Welt kamen, sind zwei in den letzten Monaten abgehauen. Einer hält sich jetzt in Thüringen auf. Vielleicht findet er zu der Wölfin in Ohrdruf, die sich im Vorjahr mit einem Hund eingelassen und Mischlinge zur Welt gebracht hatte. Ein zweiter lief gar bis nach Hamburg. Dort wurde er überfahren.

Ich dachte, das müsste doch eine spannende Pressemeldung aus dem bayerischen Umweltressort wert sein, vom Landesamt oder vom Ministerium oder vom Nationalpark, wem auch immer. Aber nein. Es wurde Schweigen verordnet, von ganz oben. Wolfsnachrichten mit positivem Anstrich passen derzeit nicht ins politische Konzept. Denn im Oktober ist Wahl. Und so lange muss der Wolf als Blitzableiter herhalten. Isegrim als Projektionsfläche einer unzufriedenen Landbevölkerung – da kann man sich gar so schön als Retter in der Not profilieren.

Die Wolfsdiskussion in Bayern wird beherrscht von der Almwirtschaft, und so hat Ministerpräsident Markus Söder bei einer Almbegehung in Schliersee verkündet, diese sei bisher ohne den Wolf ausgekommen. Ja da schau her! Das hört sein Wahlvolk gerne. Anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung in einem Biergarten ist ihm kürzlich fast ein riesiger Ast auf den Kopf gefallen. Ein Schelm, wer sich was dabei denkt – aber ich sag’s ja: Es ist gefährlich, im Wald spazieren zu gehen, wenn Wölfe da sind. Und wenn keine da sind, dann auch.

Es fröstelt einen, wenn man erlebt, wie sich die unsägliche Denkwelt der Ausländerdebatte in der vergleichsweise kleinen Wolfspolitik wiederholt. Ich kann mich an keine einzige positive Äußerung führender bayerischer Politiker zur erstaunlichen Rückkehr der ausgerotteten Tierart Wolf erinnern. Die Devise heißt nicht: Wie lösen wir die Konflikte, die mit den Wölfen verknüpft sind? Sondern – wie werden wir sie so schnell wie möglich wieder los? Und die Methode dazu heißt Panik verbreiten, wie in der Ausländerfrage.

Ein Beispiel lieferte bei der erwähnten Almbegehung die bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber. Die 57.000 km Zaun, die das Landesamt für Landwirtschaft im vergangenen Jahr ermittelt haben wollte, um die Weidetiere in Bayern wirksam vor Wölfen zu schützen, sind ihr nicht genug. Sie meint, wir brauchen mehr als das Dreifache: 122.000 km. Dreimal rum um den Globus. Hat sie jemals etwas davon gehört, dass es auch andere Schutzmaßnahmen gibt als Zäune?

Mich erinnert das an einen amerikanischen Präsidenten, der gegen illegal einwandernde Mexikaner allen Ernstes eine Mauer errichten will. Die soll zehn Meter hoch und ungefähr tausend Kilometer lang sein. Kann man da noch ernst bleiben? Oder ist Wolfspolitik in Bayern bloß Folklore? Sind wir gar, nicht auszudenken, in den USA?

Ihr

 

 

 

Der möchte in Bayern kein Ausländer sein. Und erst recht kein Wolf.

Lesen Sie unter Aktuell, wie gelassen die Polen mit dem Thema Wolf umgehen!