Es geht auch friedlich

Es geht auch friedlich

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02.10.2018

Die baden-württembergischen Grünen hatten mich nach Niederreichenbach bei Calw eingeladen zu einer Podiumsdiskussion über Wölfe. Dort hatte der gegenwärtig einzige bestätigte Wolf am 01.05. eine ungeschützte Schafherde angegriffen. 44 Schafe waren auf der Strecke geblieben. Den Saal füllten etwa zweihundert Teilnehmer bis auf den letzten Platz. Eine heiße Kiste, dachte ich mir. Und es ging auch so los, wie man sich das vorstellt: Ich stellte mit einem Kurzvortrag die Situation in Deutschland dar, räumte Fakenews beiseite (Hybriden! Problemwölfe! Millionenschäden! Kulturlandschaft durch Wölfe in Gefahr – und so weiter), bekam viel freundlichen Beifall, aber dann stellte sich Harald Bauer auf. Schäfer. Eine beeindruckende Gestalt, nicht nur physisch, sondern auch einer, dem man zuhört, wenn er redet.

„Des war ja hochinteressant, was Sie da g’sagt hent (haben). I han a ganz a andere Meinung!“ Und legte los mit seiner ganz anderen Sicht der Dinge. Ich gab es rasch auf, zu notieren, was ich besser wusste. Rechthaberei war das Letzte, was jetzt gefragt war. Ich kapierte, dass hier einer über Sorgen sprach, die herzlich wenig mit dem Wolf zu tun hatten, sehr viel mehr aber mit einer Landwirtschaftspolitik, die die kleinen Bauern (und die Schäfer sowieso) über die Klinge springen lässt – und das seit Jahrzehnten, noch lange bevor ein Wolf einen Pfotenabdruck im „Ländle“ hinterlassen hatte.

Was sich nun entwickelte, war einer der spannendsten Diskussionsabende, die ich erlebt habe: Mit viel Engagement und Emotion, aber stets anständig, und immer an der Sache. Ein paar politische Unklarheiten rückte Markus Rösler von den Grünen sachkundig gerade. Als wir endlich Schluss machten, lange nach zehn Uhr, steckte mir Harald Bauer ein Paket Würste und Käse zu, selber produziert.

Die Lokalzeitung widmete dem Ereignis eine ganze Seite. Mir scheint, der Reporter hat sich von der guten Stimmung anstecken lassen. Jedenfalls findet sich in dem Bericht www.gruene-kreis-calw.de nichts von der Schauermärchenhaftigkeit, die den Berichten über Wölfe oder Wolfsveranstaltungen sonst anhaften. So geht’s also auch. uw