Ein bisschen ausgestorben

Ein bisschen ausgestorben

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25.11.2018

Prof. Hans-Dieter Pfannenstiel hat sich wieder mal zum Wolf geäußert, diesmal im Celler Kurier. Der Wolf, meint er, sei „bei uns nie richtig ausgestorben.“ Diesen Unfug hat Gregor Beyer vom Forum Natur in die Welt gesetzt, Pfannenstiel betet ihn nach. Ich wüsste von den beiden Herren gerne, wie man eigentlich „richtig“ ausstirbt? Das ist wie „ein bisschen schwanger“. Das Kriterium für „Ausgestorben“ ist eindeutig: Eine Tierart, die sich nicht reproduziert (keine Jungtiere aufzieht), gilt in dem betreffenden Gebiet als ausgestorben. So war es in Deutschland mit dem Wolf über hundert Jahre lang. Dass gelegentlich Wölfe aus dem Osten eingewandert (und umgehend geschossen worden) sind, ändert daran gar nichts. Und mit dem gegenwärtigen Schutzstatus hat es nicht das Geringste zu tun.

Es stimmt, dass im Raum Cuxhaven Rinder auf der Flucht vor Wölfen in Wassergräben geraten und dort getötet, ja sogar bei lebendigem Leib angefressen worden sind – aber dass Wölfe Rinder vorsätzlich nur verletzen, um sie als „lebende Kühlschränke“ später umzubringen, ist ein Schauermärchen. Pfannenstiels Behauptung, das habe „in Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen Ausmaße angenommen, die man sich einfach nicht mehr vorstellen könne“, ist maßlos übertrieben. Beispielsweise sind im Jahr 2014 in Brandenburg mehr als 10.000 Kälber auf der Weide umgekommen, bevor sie sechs Monate alt waren – aber gerade mal 23 Kälber durch damals genau 23 Wolfsrudel. Eins pro Rudel und Jahr. Es sind inzwischen mehr geworden, das stimmt, wie ich auch die Probleme mit Wölfen und Weidetierhaltung keineswegs kleinreden will. Aber Pfannenstiel verbreitet Panik, und das hilft uns bei der Suche nach Lösungen nicht weiter.

Pfannenstiel behauptet, unsere Wolfspopulation hätte den günstigen Erhaltungszustand, der von der FFH-Richtlinie gefordert wird, längst erreicht. Die EU sieht das ganz anders, hat es sogar erst voriges Jahr durch einen Faktencheck der FFH-Richtlinie noch einmal unterstrichen. Keineswegs macht sie es, wie Pfannenstiel suggeriert, an der Zahl eintausend erwachsene Tiere fest. Dazu gibt es umfangreiche Fachliteratur und ich räume gerne ein, dass sie nicht immer leicht zu lesen ist. Aber offenbar fällt dem Herrn Professor die gründliche Recherche schwer. Lieber versteigt er sich dazu, die persönliche Integrität von Jochen Flasbarth in dessen Funktion als Staatssekretär im Bundesumweltministerium infrage zu stellen, weil der mal Vorsitzender des NABU war. Ich kann mir nicht vorstellen, was einen für diesen Posten besser qualifizieren könnte als langjährige politische Arbeit im Naturschutz. Ich finde auch nichts Anstößiges daran, dass Pfannenstiel mal Vizepräsident des Brandenburger Jagdverbandes war. Persönliche Herabwürdigungen haben allerdings in einer Fachdiskussion nichts zu suchen.

Pfannenstiel mag nicht einsehen, warum man die Wölfe nicht jetzt schon bejagen könnte. Hier liegt der Hase im Pfeffer: Der Herr Professor möchte einfach Wölfe schießen. An dem Jäger Pfannenstiel ist die Zeit vorbei gegangen. Er meint, unsere Gesellschaft habe auf nichts anderes gewartet, als zurück kehrende Tiere gleich wieder totzuschießen. Ich bin selber Jäger seit über fünfzig Jahren und kenne viele, die damit nicht einverstanden wären. Zudem lösen wir mit einer Bejagung der Wölfe keine Probleme. Und ob ein Wolfsfell an der Wand als ausreichender Grund zum Schießen akzeptiert wird – das werden wir sehen.

Ihr