Der Handlungsvorschlag des Forums Natur: ein Etikettenschwindel

Der Handlungsvorschlag des Forums Natur: ein Etikettenschwindel

128

15.01.2019

Das FORUM NATUR hat zu Beginn des Jahres einen Handlungsvorschlag für ein praxisorientiertes Wolfsmanagement in der Kulturlandschaft Deutschlands vorgelegt. Und sich damit auch gleich als Sprachrohr der traditionellen Jägerschaft geoutet. Die „Projektleitung“ lag mit H. Dammann-Tamke (Niedersachsen) und D.-H. Wellershoff (Brandenburg) bei den Präsidenten der jeweiligen Landesjägerschaften. Dr. A. Winter und Friedrich von Massow aus dem Präsidium des Deutschen Jagdverbandes bildeten mit Gregor Beyer (Forum) die Redaktion, die wissenschaftliche Beratung oblag Prof. Dr. Dr. Sven Herzog. Andere Verbände, die im Forum Natur versammelt sind (darunter Bauern, Waldbesitzer, Jagdgenossenschaften, Weinbauern, Fischer und Angler) werden nicht genannt. Wer will, kann daraus einen Alleingang der Jägerschaft herauslesen und ahnt auch gleich, was ihn erwartet: Es wird zur Jagd auf die Wölfe geblasen.

Das Papier ist ansprechend gemacht, frei von Polemik und Seitenhieben, vierzig Seiten. Man ist um einen seriösen Eindruck bemüht und beginnt mit einem Schmusekurs: mit reichlich toleranten, ja freundlichen Sätzen zum Wolf (deswegen gibt es schon wütende Meinungsäußerungen von Wolfsgegnern). Doch ebenso finden sich zahlreiche zweifelhafte oder schlichtweg falsche Behauptungen. Solider Sachverstand über Wölfe fehlt über weite Strecken. Womöglich noch schlimmer ist der monströse Administrationsaufwand, den uns die Verfasser mit diesem „praxisorientierten Wolfsmanagement“ zumuten wollen.

Gutes Management erfordert ein klar definiertes Ziel. Nur dann kann der Weg dorthin gefunden, ein Irrweg rechtzeitig vermieden werden. Das hat mir vor Jahren mal Gregor Beyer erläutert, als wir zusammen das „Leitbild Rotwild“ entwickelten. Aber in diesem „Handlungsvorschlag“ finde ich kein Ziel: Denn Bejagung ist kein Ziel (außer vielleicht für den DJV). Der Vorschlag des Forums will, dass sich das „aktive Wolfsmanagement“ nicht an Zielen, sondern an Zahlen festmacht – auf Bundes-, auf Landes- und sogar auf Kreisebene. Ein Irrweg, der mich an den fruchtlosen Streit um das Verbissgutachten in der Forstwirtschaft erinnert: Auch dort sehen manche das Heil für den Wald in der Einhaltung von „Verbissprozenten“.

Die Verfasser bedienen sich des Begriffs „Schutzjagd“ nach dem Beispiel Schweden. Schutzjagd klingt fürsorglich, kommt gut an. Aber das Wesen der schwedischen „Schutzjagd“ haben die Verfasser nicht begriffen. Was sie meinen, ist die so genannte „Licensjakt,“ nämlich die Populationskontrolle der Wölfe durch eine Quotenjagd. So ist aus dem anfänglichen Schmusekurs ein Etikettenschwindel geworden. Und das geht so weiter.

Das Papier verheddert sich in ausschweifenden Erörterungen zum Populationsbegriff. Das gehört in ein Fachblatt, es gibt i. W. einen Artikel von Herzog und Guber 2018 wieder. In einem „Handlungsvorschlag“ ist das fehl am Platze. Es konfrontiert den Leser mit einem neuen Terminus, dem „Akzeptanzbestand,“ womit nichts anderes gemeint ist als eine Obergrenze für Wölfe. Dieser Akzeptanzbestand sei „eine … wissenschaftlich zu fassende, aber insbesondere auch gesellschaftspolitisch zu definierende Kenngröße…“. Ein paar Seiten weiter stellen die Verfasser lapidar fest, dieser sei für Niedersachsen und Sachsen, „in Zukunft auch für Mecklenburg-Vorpommern“ bereits erreicht. Wer hat das denn festgestellt, und wie?

Gutes Wolfsmanagement ist daran zu messen, was es zur Lösung von Konflikten beiträgt. Der überwältigende Anteil daran ist der Schutz der Weidetiere. Den erzielt man nicht mit „Akzeptanzbeständen“ und Bejagung. Würde dieser Handlungsvorschlag umgesetzt, dann stünde das Wolfsmanagement vor unlösbaren Problem im Monitoring, die Administration vor großen bürokratischen Hürden, und die Weidetierhalter stünden im Regen

Meine Kritik, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, können Sie unter HINTERGRUND nachlesen.