Die Jäger machen mobil

Die Jäger machen mobil

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01.05.2018

L 2

Am 22.03.2018 ist der Deutsche Jagdverband (DJV), Dachverband aller Landesjagdverbände außer Bayern, mit einem Positionspapier zum Wolf an die Öffentlichkeit getreten. Trotz des verbindlichen Tonfalls ist es getragen von Kritik und Misstrauen am bisherigen und gegenwärtigen Umgang mit dem Thema Wolf. Zu der erstaunlichen, ja sensationellen Rückkehr einer fast verloren geglaubten Tierart fällt dem anerkannten Naturschutzverband DJV dagegen nichts Positives ein.

Man ist beim DJV nicht glücklich mit dem Lauf der Dinge. Man will ran an die Deutungshoheit, will Wölfe schießen. Dazu quält sich das Papier sechs lange Seiten dahin, erhebt sage und schreibe 26 (!) „Forderungen“ zu allem Möglichen – aber eine überzeugende Begründung für eine Bejagung sucht man vergebens.

Zunächst bemüht man sich, die eigene Sicht vom Status der Population zu bekräftigen: „Unsere“ Wölfe seien keine eigenständige Population, sondern lediglich ein Teil der baltischen, mithin nur eine Subpopulation. Wäre es so, dann hätten wir es mit einer Population im günstigen Erhaltungszustand lt. FFH-Richtlinie zu tun, könnten den Wolf von Anhang IV in den Anhang V herabstufen und einer Bejagung stünde nicht mehr viel im Wege. Das wird von jenen Kreisen, die Wölfe nicht dulden wollen, seit Jahren versucht. Aber weder die EU noch die Bundesbehörden haben dafür ein Ohr.

Das nächste Thema ist die Genetik. Offenbar liefert das renommierte Institut Senckenberg nicht die Resultate, die zur eigenen Strategie passen: Nachweise eines intensiven genetischen Austauschs mit Nachbarpopulationen und eines hohen Anteils von Wolf-Hund-Mischlingen. Der erste würde die Auffassung des DJV von einer Population in günstigem Erhaltungszustand stützen. Der zweite würde die Wölfe zu minderwertigen Kreaturen herabwürdigen, mit denen man nicht viel Federlesen machen muss. Diese Auffassung hat man sich von dem Kreis um Prof. Christoph Stubbe, von finnischen „Wissenschaftlern“ und dem kanadischen Wildbiologen Valerius Geist einreden lassen. Neuerdings setzt man seine Hoffnungen auf das Privatlabor FORGEN in Hamburg, das mit eigenen Untersuchungen das Gerede um Hybriden befeuert (ohne freilich einen einzigen Wolf-Hund-Mischling nachgewiesen zu haben). Auf dieser dünnen Grundlage fordert der DJV die Benennung weiterer „unabhängiger“ Referenzlabore. Das ist so unnötig wie ein Kropf.

Ferner fordert der DJV ein „umfassendes Wildtiermanagement.“ Warum nicht. Aber auf dem Umweg über Rotwildgebiete und ein Schutzkonzept für das gebietsfremde Muffelwild meint der DJV, eine in Zahlen gefasste Obergrenze für Wölfe begründen zu können. Eine eigentümliche Logik.

Besonders viel liegt dem DJV am Monitoring. Die „Forderungen“, die er da aufstellt, sind allerdings entweder längst Tagesgeschäft, oder sie liegen nicht in der Hoheit des Bundes – etwa der Wunsch nach einem Grenzen überschreitenden Monitoring. Man soll künftig einen Schwerpunkt auf die „Wiedererkennung weiblicher Tiere“ legen – wozu das denn? Und wie stellt man sich das beim DJV in der Praxis wohl vor? Hellhörig wird man bei dem Anspruch, künftig Jägern, die sich Kenntnisse beim Monitoring erworben haben, als „erfahrene Personen“ anzuerkennen. Worum es dem DJV dabei geht, ist Einfluss zu gewinnen auf die Interpretation der Monitoringdaten. Die obliegt den damit beauftragten Leuten – und von diesen werden zu Recht profunde Kenntnisse über Wölfe verlangt, die über Erfahrungen und Verdienste beim Monitoring erheblich hinausgehen. Den Anspruch, dabei mitreden zu wollen, könnten auch andere Lobbygruppen erheben – etwa die Weidetierhalter, der NABU, der BUND und manch andere – und im Handumdrehen hat man eine Versammlung von mehreren Dutzend Leuten zusammen. Das wäre das Ende jeder vernünftigen Arbeit an der Sache. Die im Desaster erstorbenen Managementplanbesprechungen vor Jahresfrist in Brandenburg haben das auch dem letzten vor Augen geführt.

Geradezu amüsant muss man schließlich die Forderung von Jägerseite nach einer „realistischeren“ Öffentlichkeitsarbeit über die Wölfe empfinden. Ausgerechnet die Jägerschaft. Wer, bitte sehr, hat all den Unsinn in die Welt gesetzt, der das Wolfsgeschehen heute begleitet – das haltlose Gerede von den Mischlingen? Das Geschwätz von herangekarrten und frei gelassenen Wölfen? Die Unterstellungen, die Monitoringzahlen seien „gefälscht“ und es gebe doppelt oder dreimal oder gar sechsmal so viele Wölfe wie offiziell angegeben? Ist der DJV ein einziges Mal offen und deutlich solchen Räubergeschichten aus Jägermund entgegen getreten?

Erst ganz zum Schluss lässt der DJV dann die Katze aus dem Sack: Herabstufung des Wolfes in den Anhang V, Übernahme ins Jagdrecht. Dazu braucht der DJV sechs Seiten. Fünf davon hätte er sich sparen können. Denn eine überzeugende Begründung ist ihm nicht eingefallen.

Unterschrift UW 30

 

 

 

Sehen Sie sich auch an, wie unverfroren ein Wolf in Dänemark unter den Augen der Öffentlichkeit totgeschossen wurde.

Und wundern Sie sich mit mir über die Naivität, mit der man meint, ein hungriger Wolf könne nicht schwimmen. Beides unter AKTUELL.

Außerdem ein Beitrag aus Bayern: https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/unkraut/index.html