Der Wolf im EU-Parlament
15.09.2015
EU-Intergruppe und FACE suchen nach Lösungen zum besseren Zusammenleben von Wolf und Mensch in Europa.
Im EU-Parlament in Brüssel fand am 15. September 2015 eine Sitzung der fraktionsübergreifenden Intergruppe „Biodiversität, Jagd und ländliche Räume“ zum Thema „Rückkehr des Wolfes nach Europa“ statt. Der Landesjagdverband Sachsen hatte diese Tagung angeregt. Sie wurde von FACE, dem Zusammenschluss der europäischen Jagdverbände, organisiert und vom Deutschen Jagdverband (DJV) unterstützt.
„Der Wolf ist uns willkommen“, sagt Karl-Heinz Florenz, Vorsitzender der Intergruppe, „er darf sich aber nicht völlig unkontrolliert ausbreiten. Auf Grundlage wissenschaftlicher Studien und vor allem Monitoringdaten muss eine Balance zwischen den unterschiedlichen Interessen gefunden werden, wobei auch die örtliche Bevölkerung stets beteiligt und eingebunden werden muss.“
Auch Helmut Dammann-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen, warnte vor einer Welle, die die wenigsten in ihrer Intensität bislang erkannt hätten, indem er den jährlichen Zuwachs des aktuellen Wolfsbestandes in Deutschland von derzeit etwa 350 adulten Tieren mit 30 bis 40 Prozent bezifferte. „Die Menschen vor Ort sind in höchstem Maße verunsichert“, so Dammann-Tamke, „von daher seien schon jetzt Vorkehrungen zu treffen, wie man die schnell wachsende Wolfspopulation künftig managen will“.
„Aus unserer Sicht ist die deutsch-westpolnische Wolfspopulation mit der nordostpolnisch-baltischen Population bereits zusammengewachsen – dies belegen auch genetische Untersuchungen eindeutig“, so Dammann-Tamke weiter. Deshalb forderte er die EU-Kommission und das Bundesumweltministerium auf, nicht länger von getrennten Populationen zu sprechen und in Konsequenz dessen die Einstufung des Wolfes als Anhang-IV-Art der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Damit würden die Möglichkeiten der Behörden zum Verwaltungshandeln erweitert. Derzeit genießt der Wolf über das EU-Recht und dem darauf gründenden Bundesnaturschutzgesetz höchsten Schutz. Ein Vertreter der EU-Kommission hob allerdings hervor, dass die Richtlinie auch bei Anhang-IV-Arten den Mitgliedsstaaten erhebliche Spielräume belässt, wenn sich diese im „günstigen Erhaltungszustand“ befinden. Diese Möglichkeiten seien allerdings im Bundesnaturschutzgesetz nicht vollständig umgesetzt.
Ob der Wolf nun „willkommen“ ist oder nicht – man könnte sich ja endlich mal an Fakten halten. Es sind eben nicht 350 adulte Tiere, sondern nur ein Drittel davon, etwas mehr als 100. Und das Populationswachstum von jährlich 30 Prozent (mehr sind es nicht) ist alles andere als dramatisch.
Es sind auch keine Populationen „zusammengewachsen“, sondern die baltische und die zentraleuropäische Flachlandpopulation lassen sich genetisch voneinander unterscheiden und führen ein „eigenes“ Leben. Dass es einen Populationsaustausch gibt, ist nie bestritten worden. Und bis heute hat niemand erläutert, was unter einer „kontrollierten“ Ausbreitung anderes zu verstehen ist als eine Bejagung. All das sind Nebenkriegsschauplätze und unnützer Zahlenkram. Aber die Befürworter einer baldigen Wolfsbejagung scheinen fest daran zu glauben, man werde mit solchen Zahlenspielereien international ernst genommen. uw