Sieben Promille – viel Luft nach oben

Sieben Promille – viel Luft nach oben

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26.09.2015

Notizen aus der turnusgemäßen Plenumsbesprechung zum Wolfsmanagement in Sachsen

In Sachsen sind die Jagdausübungsberechtigten durch eine Verordnung aus dem Jahr 2014 dazu verpflichtet, Wahrnehmungen der FFH-Arten Wolf, Luchs, Elch, Fischotter und Baummarder „unverzüglich“ elektronisch an die Untere Jagdbehörde zu melden. Sachsen hat deshalb vor Jahresfrist ein „Wildmonitoring“ eingeführt und etwa 80 „Wildtierbeauftragte“ dafür geschult. Bis hier her ist das löblich. Dann aber scheiden sich die Wege, und zwar am Beispiel Wolf.

Anstatt die Wahrnehmungen zum Wolf umgehend an das Institut Lupus weiterzuleiten, das mit dem Monitoring der Wölfe beauftragt ist, werden sie erst mal an das Institut für Zoologie in Tharandt geschickt. Dort werden sie auf „Plausibilität“ geprüft. Der Begriff kommt in den Monitoring-Standards nicht vor. Gemeint ist wahrscheinlich die Kategorisierung in C1, C2, C3 sowie offensichtlich falsche Hinweise – aber das ist lt. Managementplan Wolf nicht Sache von Tharandt, sondern von Lupus. Nach dieser „Plausibilitätsprüfung“ werden die Daten wieder zurückgeleitet an den Wolfsbeauftragten der Unteren Jagdbehörde, der sie wiederum an das Institut Lupus weitergibt.

Was ist nun bei diesem umständlichen Verfahren herausgekommen? So gut wie nichts. Gegenüber etwa 2.181 Datensätzen, die von Lupus erhoben worden sind (ein Großteil davon durch Fotofallen), stehen ganze 15 – in Worten fünfzehn! – Wahrnehmungen der Jäger. Das sind sieben Promille aller dokumentierten Wahrnehmungen. Und nur eine einzige davon ist von der Jagdbehörde an Lupus weitergeleitet worden, wie es die Verordnung vorschreibt.

Die Einordnung und Beurteilung von Wolfswahrnehmungen ist ausschließlich Sache des Instituts Lupus. Foto Koerner

Die Einordnung und Beurteilung von Wolfswahrnehmungen ist ausschließlich Sache des Instituts Lupus. Foto Koerner

Mit der unnötigen Schleife über Tharandt wird der Passus im Managementplan umgangen, wonach die Bewertung der Daten ausschließlich Sache des Instituts Lupus ist. Durch diesen Umweg geht wertvolle Zeit verloren, wenn Beobachtungen im Wege eines aktiven Monitorings auf den Grund gegangen werden sollte (z.B. Verdacht auf Welpen, auf Etablierung eines neuen Rudels etc.). Trotzdem halten das Ministerium und die Obere Jagdbehörde dieses Verfahren für „richtig“ und „sinnvoll.“ Warum, das erschließt sich dem Leser nicht.

Die Gründe sind kein Geheimnis. Der Jagdverband hatte darauf bestanden. Man meinte, nur durch diesen Umweg seien die Jäger dafür zu gewinnen, Beobachtungen überhaupt zu melden. Das Ergebnis spricht für sich. Nach wie vor verharren die Jäger in der Schmollecke. Von einer Mitarbeit am Wolfsmanagement kann in Sachsen keine Rede sein.

Das werde schon besser werden, meint man im Ministerium, wenn mal alle Jäger über den richtigen Browser verfügen (derzeit sind nur etwa ein Drittel an das System angeschlossen, die Wildtierbeauftragten noch gar nicht). Vielleicht. Vielleicht steigern sich die Jäger dann irgendwann mal auf zwei oder drei Prozent.

Es ist nicht die einzige Schwachstelle im Wolfsmanagement, die sich anlässlich der Plenumsbesprechung am 26.09.2015 in Dresden offenbarte. So wird das Wolfsmonitornig nach wie vor von einigen Eigenjagdbesitzern behindert, auch mit rüden Methoden, obwohl sie auf Grund der Rechtslage Monitoringmaßnahmen dulden müssen. Die Jagdbehörden sind bisher nicht dagegen eingeschritten. Viel Ärger bereitet die Rissbegutachtung, die durch Hygienebestimmungen der EU in der Praxis sehr kompliziert geworden ist. Immer deutlicher treten auch Probleme zu Tage, die durch die Übernahme des Wolfes ins Jagdrecht entstanden sind. Deshalb soll die Arbeitsgruppe Wolf und Jagd eine vorläufige Beurteilung der Vor- und Nachteile dieses sächsischen Sonderweges ausarbeiten.

Zum Schluss überraschte ein Vertreter der Jägerschaft mit der Anregung, Gesprächsrunden auf regionaler Ebene einzuführen, um die Gesprächsbereitschaft zwischen Jägern und Wolfsmanagement wieder zu beleben. Es hat solche in der Anfangszeit schon mal gegeben, doch wurden sie wegen Desinteresse wieder eingestellt. Der Vorschlag wurde einhellig begrüßt. uw