Wölfe in der Kulturlandschaft - wo denn sonst!

Wölfe in der Kulturlandschaft - wo denn sonst!

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Wotsch Portrait

24.12.2014

Wölfe haben bei uns keinen Lebensraum, sie passen nicht in unsere Kulturlandschaft – dieses Mantra der Wolfsgegner widerlegen etwa zwölftausend Wölfe, die derzeit in Europa leben, mit ansteigender Tendenz sowohl nach ihrer schieren Zahl als auch nach den Verbreitungsgebieten der einzelnen Populationen. Wölfe werden mehr und breiten sich aus, Kulturlandschaft hin oder her.

In der Flut von schlechten Nachrichten über den Schwund der Biodiversität ist das eine gute Botschaft. Sie gilt nicht nur für Wölfe, sondern auch für die anderen großen europäischen Beutegreifer, also Braunbär, Eurasischen Luchs (nicht für den Iberischen) und Vielfraß. Das lässt sich in einem soeben erschienenen umfangreichen Bericht in Science nachlesen - siehe Aktuelles. Er bestätigt, dass das Konzept des Miteinander aufgeht: Große Beutegreifer unter uns, nicht abgesondert in Reservaten, Schutzgebieten oder sonstigen, viel zu kleinen Ghettos. Unter uns – trotz viel Mensch auf der Fläche, trotz intensiver Landnutzung, trotz starker Fragmentierung durch Siedlungs- und Verkehrsstrukturen.

Mancher Unkenrufe zum Trotz bin ich deshalb überzeugt, dass wir mit dem Management der Wölfe in unserem Land auf einem guten Weg sind. Nirgends sonst in Europa leben Wölfe bei einer derart hohen menschlichen Siedlungsdichte – und trotzdem bleiben die Konflikte überschaubar. Keine Frage – Wölfe sind nicht gratis zu haben. Aber sie kosten die Allgemeinheit immer noch weniger als Kormorane, Biber, Wildgänse - von Wildschweinen, Hirschen und Rehen gar nicht zu reden.

Deshalb irritieren mich Vorstöße, dem Wolf ein Existenzrecht bei uns generell abzusprechen, seinen Schutzstatus infrage zu stellen und offen ein wolfsfreies Land zu fordern. Die Argumentation in diesen Petitionen, offenen Briefen, Positionspapieren etc. ist oft bestürzend armselig, Diffamierungen und Unwahrheiten sind gang und gäbe – trotzdem frage ich mich: Haben wir etwas falsch gemacht auf dem Weg zum Miteinander von Wolf und Mensch? Haben wir einige Gruppen nicht erreicht, nicht ernst genommen? Wie lässt sich das verbreitete Misstrauen ausräumen?

Man hat mir geraten, dieses Attacken nicht ernst zu nehmen, sondern schlicht zu ignorieren. Aber vieles daran erinnert mich an die Bewegung PEGIDA: Feindseligkeit gegen alles Neue, Unbekannte oder Fremde, absurde Unterstellungen, die Übertragung eigener Unzulänglichkeiten auf „den Staat“ – die Parallelen sind unübersehbar und zutiefst beunruhigend. Es ist schwer, mit solchen Leuten zu reden.

Ich wünsche Ihnen frohe Feiertage und ein Gutes Neues Jahr.

 

Unterschrift UW