Brandenburg: Hund von Wolf attackiert
17.11.2014
Das Schmerzgeheul seiner Hündin traf Forstoberrat Roland Ueckermann unter denkbar ungünstigen Umständen – bei der Morgentoilette im Badezimmer. So wie Gott ihn geschaffen hatte sprang er durchs Fenster und kam seiner Tiroler Bracke zu Hilfe, die in eine Balgerei mit einem Wolf verwickelt war. Die Hündin erlitt erhebliche Bissverletzungen am Hinterkörper, befindet sich aber nach ärztlicher Versorgung auf dem Weg der Besserung.
Der Fall ereignete sich am 31.Oktober in der Uckermark an einem Einzelanwesen etwa drei Kilometer entfernt vom nächsten Dorf, westlich von Chorin. Kay-Uwe Hartleb, Biologe und Mitarbeiter im Wolfsmanagement des Landes, sammelte vor Ort alles ein, was an Indizien vorzufinden war. Er konnte eine Losungsprobe sicherstellen und einen 9,5 cm langen Trittsiegel vermessen, der vermutlich dem Wolf zuzuordnen ist. Eine sofort in unmittelbarer Nähe des Anwesens installierte Fotofalle lieferte am 3. und 7. November Bilder (C1-Nachweise) von einem Wolf. Auf dem zweiten Bild ist das Tier als Rüde identifizierbar. Weitere Sichtbeobachtungen (C3) in der Umgebung hatte es bereits in den Wochen zuvor gegeben.
Roland Ueckermanns Anwesen wurde vom Wolfsmanagement mit einem soliden Elektrozaun gegen weitere Besuche des Wolfs abgesichert. Er soll nicht auf die Idee kommen, dass es dort etwas zu holen gibt. Der Hundebesitzer selbst blieb trotz seiner begreiflichen Aufregung gelassen.
Wie ist das Geschehen zu interpretieren? Es gibt keine Augenzeugen für den Moment, da Wolf und Hündin aufeinander trafen. Dabei wäre es aufschlussreich zu wissen, wer „angefangen“ hat: Hat der Wolf in der Hündin eine mögliche Beute gesehen? Oder wollte er einen missliebigen Konkurrenten beseitigen, wie er das auch bei einem Fuchs versucht hätte? So oder so hätte man erwartet, dass der körperlich weit überlegene Wolf die Hündin rasch mit einem Kehlbiss getötet hätte. Oder hat die Hündin das Anwesen als ihren Heimatbereich verteidigt, wie Hunde das auch gegenüber anderen Hunden tun? Das könnte die eher untypischen, verhältnismäßig geringen Bissverletzungen erklären. Ein sexueller Hintergrund ist auszuschließen. Denn die beiden Hündinnen, die Ueckermann hält, waren nicht läufig, die Paarungszeit liegt um Monate später, und eine sexuell motivierte Kontaktaufnahme endet wohl kaum in einer Beißattacke.
Anscheinend schickt sich in dem Gebiet ein junger Rüde an, sesshaft zu werden. Dass er das einsame Anwesen inspiziert hat, gehört zum normalen Verhalten von Wölfen. Ob er dort vorher irgendwelche attraktiven Dinge vorgefunden hatte, ließ sich nicht feststellen. Beiläufig sei angemerkt: Es war kein jagdliches Geschehen, sondern nach Lage der Dinge eine Auseinandersetzung zwischen Wolf und Hofhund. Jäger können jedenfalls aus dem Vorfall keine Schlüsse für den Einsatz von Jagdhunden ziehen. Auch eine Erklärung des Täters zum „Problemwolf“ ist nicht gerechtfertigt.
Natürlich kocht bereits die Gerüchteküche. Ob das etwa ein unerfahrener, an Menschen gewöhnter Jungwolf gewesen sei, den man im nicht weit entfernten Wildpark Schorfheide „entsorgt“ habe? Dazu gibt es nicht den Hauch eines Hintergrundes. Doch darf man gespannt sein, welche Erklärungen und Empfehlungen in den nächsten Tagen und Wochen in die Medien gelangen.
Das Wolfsmanagement hat unverzüglich gehandelt, hat den Vorfall sorgfältig dokumentiert und einen elektrifizierten Zaun um das Anwesen gebaut. Nun hofft man, dass der Wolf sein Interesse an dem Ort verliert. Allerdings hätte man sich eine rasche Stellungnahme von der zuständigen Institution des Landes gewünscht, um Spekulationen und Gerüchten im Anfangsstadium vorzubeugen. Denn Wolfsangriffe auf Hunde sind eine neue Kategorie im Wolfsgeschehen, ihre Brisanz darf nicht unterschätzt werden.