Warum MT6 sterben musste

Warum MT6 sterben musste

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MT6, wenige Tage vor seinem Ende (Foto: Kühl)

MT6, wenige Tage vor seinem Ende.

Das Drama um MT6 ist zu Ende. Am 27.04., mehr als ein Jahr, nachdem das so genannte Munsterrudel durch sein zudringliches Verhalten erstmals aufgefallen war, wurde der zweijährige Rüde aus diesem Rudel „letal entnommen“ – sprich getötet. Seit Jens Karlsson im März vergeblich versucht hatte, ihn zu vergrämen, war der Wolf den Menschen über fünfzehnmal auf die Pelle gerückt, manchmal auf nur wenige Meter. Das Maß war voll, als er am vergangenen Wochenende einen Hund attackierte und verletzte, der angeleint ausgeführt wurde.

Über die langwierige Geschichte dieses Jungwolfes hat Wolfsite wiederholt berichtet. Ich bin gespannt auf die Reaktionen. Der Freundeskreis frei lebender Wölfe, der Internationale Tierschutzfonds, NABU und WWF haben die Aktion umgehend gut geheißen. Es würde mich aber nicht wundern, wenn wir trotzdem noch einen Shitstorm erleben würden. Auch der Abschuss des Bären JJ1 vulgo „Bruno“ vor zehn Jahren war fachlich gerechtfertigt – des Echo jedoch verheerend.

Zweifellos ist mit MT6 viel schief gelaufen und man kann nur hoffen, dass die richtigen Lehren aus dem Fall gezogen werden. Lesen Sie ein paar Gedanken dazu im Forum. Und lesen Sie auch, wie man vor kurzem in Whitehorse, der Hauptstadt des kanadischen Yukon, mit verhaltensauffälligen Wölfen umgegangen ist.

Auf einer Weidefläche, die der NABU in Sachsen-Anhalt mit Heckrindern und Konikpferden betreibt, sind innerhalb weniger Tage sieben Fohlen von Wölfen gerissen worden. Der Vorfall stellt das Wolfsmanagement vor eine neue Herausforderung. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Kommentar der Interessengemeinschaft Sichere Weidewirtschaft: „Wie gut, dass es mal die Oberschlaumeier vom NABU getroffen hat,“ schreibt Peter Brandt. Ich hätte mir von Tierhaltern unter sich etwas anderes erwartet als gehässige Schadenfreude.

Die ca. vierzig Wölfe, die seit drei, vier Jahren ein sagenhaftes Dasein in Dänemark geführt hatten (Wolfsite berichtete), können wir abschreiben. Neue Wölfe sind dagegen aufgetaucht in Hessen, in Bayern und in Nordrhein-Westfalen. Im letzteren Fall handelt es sich um einen Jungwolf, der vom Rudel Cuxhaven in südlicher Richtung abgewandert ist. Prima timing – denn Hessen hat soeben eine Wolfsrichtlinie verabschiedet, NRW einen Wolfsmanagementplan für einzelne ortsfeste Wölfe. Bayern hat einen solchen bereits seit mehreren Jahren.

Schließlich gab es noch zwei Veranstaltungen mit Wolfsinhalt: In Berlin tagte die EU Platform on Coexistence between People and Large Carnivores. Hausherren waren der WWF und der NABU. Von den „Stakeholdern“ – damit sind die Vertreter der von Großen Beutegreifern unfreundlich betroffenen Interessengruppen gemeint, also vor allem Nutztierhalter und Jäger – waren leider nur wenige zu sehen. Deshalb kam es kaum zu spannenden Diskussionen zwischen den verschiedenen Lagern.

Die zweite Veranstaltung war das 25jährige Gründungsjubiläum der Gesellschaft für Wildtier- und Jagdforschung in Halberstadt. Ein Nachmittag war dem Wolf gewidmet. Da glitt die Veranstaltung phasenweise ab ins Stammtischmilieu. Kaj Granlund aus Finnland tischte dem Publikum altbekannte, von der Fachwelt längst umsichtig analysierte und erklärte (nicht ignorierte, wie Granlund glauben machen wollte) Geschichten aus dem Mittelalter auf. A. Wieth aus Sachsen arbeitete sich am Schutzstatus des Wolfes ab und übte eifrig Kritik am Wolfsmonitoring des Freistaats, verschwieg allerdings, dass die Jägerschaft in Sachsen gerade mal mit sieben Promille der Beobachtungen dazu beigetragen hat. Es gebe mehr als dreimal so viele Wölfe wie das offizielle Monitoring festgestellt habe, meinte er, ohne freilich Quellen für diese phantastische Ansicht zu nennen. Und schließlich hatte noch ein gewisser Andreas Wilkens einen Auftritt, den ihm die Veranstalter außerplanmäßig eingeräumt hatten. Da schwadronierte der Jägersmann und ehemalige Offizier – er legt Wert auf diese Vergangenheit – von krummschwänzigen Wolfshybriden in der Lüneburger Heide. Man wüsste gerne, warum eine Gesellschaft, die sich der Wissenschaft verschrieben hat, solchen Ausführungen ein Podium bietet.

Lesen Sie auch unter AKTUELL:

Dänemark – ein Heer von Phantomwölfen.

Whitehorse, Yukon: Wölfe im Stadtgebiet eliminiert.

Sachsen-Anhalt: sieben gerissene Fohlen auf NABU-Weidefläche.

Königsbrück: Wie kam es zum Desaster mit 70 gerissenen Nutztieren?

Immer wieder: gedeckter Tisch für Isegrim.

unter FORUM:

MT6 hätte nicht sterben müssen.

unter ISEGRIM: Bayerns Jägerpräsident über Tourismus und Wölfe.

 

Ihr

Unterschrift UW