Sachsen: 70 Schafe in der Königsbrücker Heide gerissen

Sachsen: 70 Schafe in der Königsbrücker Heide gerissen

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26.02.2016

Schreck am Wochenanfang. Aus allen Richtungen mussten die toten Schafe zusammengetragen werden (Foto: D. Synatzschke)

Schreck am Wochenanfang. Aus allen Richtungen mussten die toten Schafe zusammengetragen werden (Foto: D. Synatzschke)

Sachsen vermeldet einen traurigen Rekord. Sage und schreibe 70 Schafe (Stand heute) sind aus einer einzigen Herde von etwa 130 Tieren von Wölfen gerissen worden: 46 Mutterschafe, 18 Jährlinge, drei Hammel und drei Ziegen. Die Herde stand in der Pflegezone des Naturschutzgebietes Königsbrücker Heide und war durch einen Elektrozaun vorschriftsmäßig geschützt.

Die Recherchen sind noch nicht abgeschlossen. Wie die Wölfe in den Zaun eindringen konnten, ist unklar. Er war an mehreren Stellen beschädigt, möglicher Weise durch Stürme in den Tagen vorher. Vielleicht ist auch eine Rotte Sauen mal so eben durchmarschiert und hat den Wölfen als Türöffner gedient. Die Königsbrücker Heide ist voll von Schwarzkitteln. Das Gehege ist locker bewaldet. Die Schafe sollen die wuchernden Ginsterbüsche und die sich ausbreitenden Kiefern abfressen, damit der lichte Charakter erhalten bleibt. Ein Naturschutzprojekt also, das der Schäfer nicht machen könnte ohne die Gelder vom Naturschutz, die er dafür bekommt. Schafe allein, das lohnt sich nicht.

Die Wölfe hatten offenbar zwei Nächte hintereinander Zeit, denn der Schäfer hatte die Herde letztmals am Samstag (20. Februar) kontrolliert und war erst am Montag informiert worden, dass Schafe außerhalb des Zaunes waren. Im Zaun selbst sind nur zwei Schafe getötet worden, alle anderen waren mehr oder weniger in Kleingruppen verstreut im bewaldeten Umgriff und wurden dort angegriffen.

Hagen Rothmann hatte viel zu tun (Foto: D. Synatzschke)

Hagen Rothmann hatte viel zu tun (Foto: D. Synatzschke)

Der Ort des Geschehens liegt im Osten des Territoriums des Königsbrücker Rudels, dem bisher nur wenige Übergriffe auf Nutztiere angelastet werden konnten. Dennoch ist die Täterschaft nicht sicher. Hagen Rothmann, Rissbegutachter an der Unteren Naturschutzbehörde Bautzen, hält auch das Laußnitzer Rudel für verdächtig, das sein Gebiet ausgedehnt habe. Andere wiederum wollen das Rosenthalrudel als Täter nicht ausschließen. Die Wölfe dieses Rudels hatten im vergangenen Jahr wiederholt Zäune übersprungen. Durch das Anbringen von weißen Flatterbändern hat man ihnen das erfolgreich abgewöhnt. Leider wurde versäumt, Genetikproben zu nehmen; denn in Sachsen sind ausgebildete Rissgutachter benannt, auf deren Beurteilung vor Ort vertraut wird. Deshalb läuft der Entschädigungsprozess ohne zeitraubende Genetik, also rasch und unkompliziert.

Das sächsische Wolfsmanagement ist mit dem spektakulären Fall professionell umgegangen. Im Kontaktbüro nahmen Vanessa Ludwig und Jana Endel routiniert und kenntnisreich zu dem Vorfall Stellung. Der betroffene Schäfer enthielt sich jeder Polemik und nahm das dramatische Geschehen sicher nicht gleichmütig, aber doch ohne böse Worte hin. In den Medien war wiederholt von „Blutrausch“ die Rede, aber Helene Möslinger vom Kontaktbüro räumt ein, dass es hätte schlimmer kommen können. Selbst im fernen Oberammergau rief mich ein Journalist an, der gleich anmerkte, da „turnt eine Laienspielgruppe von Mädels herum.“ Ich weiß nicht, wen er meinte. Nach einem schneidigen Wortwechsel haben wir uns dann wieder vertragen.

Ich gehe davon aus, dass wir von den „Laienspielgruppen“ recht bald – „zeitnah“ in Neusprech – eine fachliche Stellungnahme zu dem Vorfall lesen werden. Sachsen macht gerade keine guten Schlagzeilen, aber das gilt nicht für das Wolfsmanagement.

Ihr

Unterschrift UW 30