Problemwölfe auf dem Übungsplatz Munster?

Problemwölfe auf dem Übungsplatz Munster?

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20.02.2015

Rücken die Wölfe auf dem Übungsplatz Munster den Menschen immer näher? Bisher scheint das Wolfsmanagement die Angelegenheit nicht ernst zu nehmen.

Uwe Martens, ehrenamtlicher Wolfsberater, hat den Vorfall am 06.Februar protokolliert. Frau Anja Nowak war mit zwei Retrievern (ihrem eigenen und dem eines Nachbarn) im Wald spazieren gegangen und hatte in einiger Entfernung ein Rudel von sieben Wölfen auf sich zukommen sehen. Daraufhin hat sie die Hunde, die die Wölfe noch nicht bemerkt hatten, angeleint. Als die Wölfe näher kamen, hat sie sie angesprochen, um sie zu vertreiben, doch die Wölfe ließen sich nicht beeindrucken. Sie kehrte um, hatte aber große Mühe, den Hund ihres Nachbarn zu bändigen, der zu den Wölfen wollte.

Als die Wölfe bis auf etwa 15 m heran waren, hat sie sie laut angeschrien. Darauf blieben die Tiere stehen, setzten aber ihre Annäherung danach fort. Dies hat sich mehrmals wiederholt. Nach etwa einer Viertelstunde ist sie abgebogen, die Wölfe setzten ihren Weg geradeaus fort. Sie ist nun zum Auto zurückgegangen und nach Amelinghausen zu einem Nachbarn gefahren. Dort erlitt sie einen Nervenzusammenbruch. Der Nachbar rief die Rettungsleitstelle an.

Was ist geschehen?

Für Frau Nowak war diese Begegnung zweifellos dramatisch. Man muss sich das vorstellen: Sieben Wölfe stehen ihr auf 15 m Entfernung gegenüber, und sie muss noch einen kräftigen Hund bändigen, der mit den Wölfen Kontakt aufnehmen will. Trotzdem legt sie gegenüber Uwe Martens Wert auf die Feststellung, dass es „Jungwölfe waren, die sich aufmerksam bis neugierig zeigten und nicht gedroht haben.“ Für den Biologen und Tierfilmer Sebastian Körner, der das Munsteraner Rudel seit Jahren kennt, ist der Vorfall bei aller Dramatik nichts Außergewöhnliches. „Hunde sind eine große Attraktion für neugierige Jungwölfe“, meint er, mit Aggressivität habe das nichts zu tun.

Zehn Tage lang wird von dem Vorfall nichts bekannt. Dann aber berichtet das Jagdmagazin JÄGER darüber online. Frau Nowak distanziert sich von dem Bericht. „Ich möchte einfach nur die Information weitergeben, die Geschichte weder verharmlosen noch dramatisieren“, sagt sie gegenüber der Landeszeitung. „Mir ist wichtig zu sagen, dass die Wölfe keinerlei Drohgebärden gezeigt haben.” Eine bemerkenswerte Einstellung für eine Frau, der nach der Begegnung die Nerven versagten. Im JÄGER freilich liest sich das anders. „Wölfe jagen Spaziergängerin“ lautet die Titelzeile.

Ausgerechnet der JÄGER: Sattsam bekannt durch die erfundene Piotr-Saga (nach der die Wölfe aus dem Osten herangekarrt und bei uns freigelassen werden); durch die journalistische Aufwertung des irrationalen „Meißen-Gutachtens“ (nach dem neun Pferde auf der Flucht vor Wölfen zu Tode gekommen seien). Man fragt sich, wie ein Blatt wie der JÄGER an das Protokoll des Wolfsberaters Uwe Martens gerät?

JÄGER gräbt noch einen weiteren Vorfall aus (und dass er ihn ausgräbt, ist nicht zu kritisieren): Am 26.Jamuar ist eine Joggerin vor den Munsteraner Wölfen auf einen Hochsitz geflüchtet. Von demselben Rudel war kürzlich im Internet der Videobeitrag eines Försters zu sehen, der zeigt, wie das Rudel ohne Scheu vor dem Auto hin und her spaziert. Es scheint, als hätten die Munsteraner Wölfe besonders gute Erfahrungen mit Menschen gemacht. Sind sie etwa wiederholt von Soldaten gefüttert worden? Sehen wir hier die erste Phase einer Habituierung? Bekommen wir „Problemwölfe“ in Munster?

Obwohl keinerlei Hinweise auf Aggressivität berichtet werden: Wenn das Monitoring seine Aufgaben ernst nimmt, müssten jetzt alle Alarmglocken schrillen. Auf dem Übungsplatz muss das Monitoring intensiviert werden. Mit der Standortverwaltung muss geredet werden, damit eine Fütterung jeglicher Art (dazu zählt auch ein aus dem Auto geworfener Wurstzipfel) strikt unterbleibt. Es sollte versucht werden, einen oder mehrere Wölfe mit einem Sender auszurüsten – das würde das Monitoring enorm erleichtern. Und es sind Vergrämungsmaßnahmen zu überlegen, vielleicht vorsorglich schon durchzuführen.

Manchem Wolfsfreund mag das alles überzogen vorkommen: „Wölfe sind scheu und meiden den Menschen!“ So steht es in jeder Broschüre und jedem Flyer. Aber Floskeln und leere Sprüche sind das Letzte, was wir im Wolfsmanagement brauchen können. Ich meine, wir sollten im Zweifelsfall den worst case annehmen und nicht darauf vertrauen, dass schon nichts schief gehen werde. Wölfe sind immer für Überraschungen gut, manchmal auch für unangenehme.