Munsterwölfe: vergrämen oder nicht?

Munsterwölfe: vergrämen oder nicht?

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20.09.2015

Schon wieder muss sich das Wolfsmanagement in Niedersachsen unbequeme Fragen gefallen lassen: Was wird denn nun aus dem angekündigten Vorhaben, die Munsterwölfe zu vergrämen?

Zur Erinnerung: Ende März wurde in Hannover beschlossen, Wölfe des Munsterrudels zu besendern, um sie gezielt vergrämen zu können. Dieses Rudel hat sich durch dreistes Verhalten gegenüber Menschen einen zwielichtigen Ruf erworben und die Toleranz der örtlichen Bevölkerung auf eine harte Probe gestellt. WOLFSITE hat wiederholt darüber berichtet. Nach Überwindung zahlloser rechtlicher und bürokratischer Hürden, die fast drei Monate Zeit fraßen, konnte Ilka Reinhardt vom Büro LUPUS Ende Juni zwei Wölfe fangen und mit Halsbandsendern ausstatten. Damit waren die Voraussetzungen erfüllt, die Munsterwölfe zu finden und zu vergrämen. Denn man durfte annehmen, dass die besenderten Tiere, beides Jährlinge, noch ein paar Monate im Rudel verbleiben und dessen Aufenthaltsort durch ihre Sendersignale anzeigen würden. So geschah es auch. Jetzt aber, da die sensible erste Phase der Welpenaufzucht vorbei ist, könnte eine Vergrämung in Angriff genommen werden. Wie man das macht – das soll hier nicht diskutiert werden. Fachlicher Beistand steht in der Person des schwedischen Wolfsforschers Jens Karlsson zur Verfügung.

Das sind nicht die Munsterwölfe, sondern Wölfe im Wolfcenter Dörverden. Foto  Schönberger

Das sind nicht die Munsterwölfe, sondern Wölfe im Wolfcenter Dörverden. Foto Schönberger

Aber nichts geschieht. Nichts wird bekannt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, man wolle erstmal abwarten, wie sich die Wölfe benehmen. Das aber war nicht der Sinn des Unternehmens.

Ausgangspunkt der Aktion Fangen – Besendern – Vergrämen ist der Maßnahmenkatalog für verhaltensauffällige Wölfe (z.B. im Sächsischen Managementplan), der vorsieht, solche Tiere „zu besendern und zu vergrämen.“ Der Plan sieht NICHT vor, zu besendern und „abzuwarten.“

Wie es heißt, haben die Nahbegegnungen mit dem Munsterrudel inzwischen abgenommen, und die besenderten Wölfe meiden die Nähe zu Menschen. Vielleicht sind sie durch die Fangprozedur richtig erschrocken. Vielleicht sind sie auch durch die Aufzucht der Welpen, an denen die Jährlinge ja teilnehmen, einfach nur anderweitig beschäftigt. Freilich weiß niemand, ob die Jährlinge die „treibenden Kräfte“ für das Verhalten des gesamten Rudels waren. Das ist eher unwahrscheinlich. Aber es ist hier nicht das Thema. Sondern das Rudel muss vergrämt werden; denn das war der Plan, und deshalb hat man Wölfe gefangen und besendert. Wenn nicht – dann muss das Wolfsmanagement überzeugend begründen, warum es von einer Vergrämung Abstand nimmt. Und damit sind wir bei dem leidigen Thema Öffentlichkeitsarbeit.

Öffentlichkeitsarbeit über Wölfe – das erfordert eine ehrliche, rasche und präzise Information der Bevölkerung über das Wolfsgeschehen. Aber davon kann in Niedersachsen keine Rede sein. Es ist unerträglich, dass die Klarstellung zu der ominösen „Wolfsattacke“ auf einen Jäger erst vier Monate nach dem Vorfall und eher beiläufig erfolgte. Auf eine Stellungnahme zu dem Vorwurf des „ungenehmigten Tierversuchs“ beim Fang der beiden Munsterwölfe warte ich seit nunmehr sieben Wochen. Und es ist völlig unbegreiflich, dass man sogar den fotografischen Nachweis eines Goldschakals – siehe Rubrik ISEGRIM – behandelt wie ein Staatsgeheimnis. Das alles schadet dem Ansehen des Wolfsmanagements und der Leute, die sich um eine Lösung von Konflikten bemühen.

Ziemlich vergrämt – Ihr

Unterschrift UW

 

 

Lesen Sie außerdem

Rubrik AKTUELL: Wolf im Kreis Miesbach, Wolfsverdacht im Saarland.

Rubrik FORUM: Der Auftritt von Reinhold Beckmann in der ARD, der Artikel von Stefan Aust in der WELT über Wölfe, und Fuhrs Hund.

Rubrik ISEGRIM: Datenschutz für den Goldschakal.

Rubrik ALLERLEI WOLF: Internationales Wolfssymposium über Herdenschutz beim Wolfcenter Dörverden und eine neue Broschüre „Pferd und Wolf.“