Einseitige Gratwanderung: Reinhold Beckmanns Beitrag über Wölfe

Einseitige Gratwanderung: Reinhold Beckmanns Beitrag über Wölfe

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07.09.2015

Zur besten Sendezeit, um 20:15 Uhr, setzte sich Reinhold Beckmann in der ARD mit den Wölfen auseinander. Hier die Meinung dazu von Dr. Christof Schenck:

Dr. Christof Schenck ist Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.

Dr. Christof Schenck ist Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.

Das war kein guter journalistischer Stil, sondern ein Eiertanz und nicht einmal originell. Als Journalist sollte man entweder klar Position beziehen und diese dann gut untermauern und begründen, oder man präsentiert zu einem kontroversen Thema wie diesem eben beide Seiten und überlässt es dem Zuschauer, sich seine eigene Meinung zu bilden. Weder das eine noch das andere ist Beckmann gelungen – und war wohl auch nicht seine Absicht. Mit seiner Gratwanderung, den Wolfsgegnern Recht zu geben, ohne die andere wichtige Zuschauerfraktion (nämlich die Wolfsbefürworter) komplett zu vergraulen, ist er gescheitert.

Der Wolf wurde von Anfang an mit Wildnis gleichgesetzt. Wildnis wurde nicht definiert. Dabei ist klar: Der Wolf braucht die Wildnis gar nicht, er braucht ausreichend Beute, Raum und ruhende Flinten. Umgekehrt braucht Wildnis aber den Wolf – so wie (wieder entstehende) Wildnis hier alle sich einstellenden Arten braucht, die auch ursprünglich mal hier waren. „Ansiedeln“ – eine aktive menschliche Aktion – und „einwandern“ wurde wie so oft kommentarlos (gezielt?) gleichgesetzt oder verwechselt.

Echte Wolfsexperten wurden nicht hinzugezogen (außer die Wissenschaftler aus dem Labor des Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, aber die durften nur rumschnippeln). Halter von Gehegewölfen sind keine Ratgeber zu freien Wölfen. Die Szenen dort waren absurd. Was ist daran so Klasse, was ist die Aussage, wenn sich ein Kameramann in ein Wolfsgehege traut? Da kann auch jemand in einen Schäferhundzwinger steigen und hoffen, dass ihm nichts passiert.

Dagegen kam jede Menge Stammtischgelaber in die Prime Time. Schäfer, die gut mit Wölfen leben, wurden nicht interviewt. Ganz schräg war das Ausspielen Wolf gegen Mensch: „Der tote Wolf kriegt sofort einen Platz in der CT/MRT Röhre und der lebende Mensch muss Monate warten.“ Geht’s noch?

Die Bedrohungsangst wurde überhaupt nicht aufgearbeitet. Den Fütterungstheorien in Niedersachsen wurde nicht nachgegangen.

Was mich erstaunt und echt entsetzt, ganz unabhängig vom Wolf, ist die Tatsache, dass deutsche Bürger vor laufender Kamera deutlich machen, dass sie zu illegalen Handlungen bereit sind. Wo sind wir? Kann jemand vor der Kamera sagen, sobald sein Geld aus ist, überfällt er die nächste Bank oder raubt einen Passanten aus?

Mit dem Film hat Beckmann dem Wolf und dem Zusammenleben mit ihm einen Bärendienst erwiesen.

PS: Es gab dazu auch ein Pro-Contra-Stück im Internet. Urteilen Sie selbst, woran sich Beckmann orientiert hat.