Ein Wolfskompetenzzentrum in Sachsen-Anhalt?

Ein Wolfskompetenzzentrum in Sachsen-Anhalt?

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09.08.2016

Wotschikowsky 04

„Nachbar Wolf – schießen oder schützen?“ hieß gestern um 22:05 Uhr das Thema in der populären Abendsendung FAKT IST! des MDR. Eine Stunde lang durften Franz Prinz zu Salm-Salm vom Waldbesitzerverband und Rüdiger Kassuhn vom Landesschafzuchtverband ihre Bedenken und Einwände gegen die Wölfe im Lande vorbringen. Kräftig sekundiert wurden sie von Prof. Dr. Michael Stubbe, der als Wolfsfachmann geladen war. Da hatte es die wackere Wolfsberaterin Antje Weber schwer, gegen zu halten. Der Fünfte im Bunde, Staatssekretär Klaus Rehda vom Bündnis 90/Die Grünen, fiel kaum auf, außer mit der Ankündigung, dass im Lande ein „Wolfskompetenzzentrum“ eingerichtet würde, und mit seiner Unkenntnis über die de minimis Regelung (die besagt, dass nach EU-Recht ein Betrieb nicht mit mehr als 15.000 Euro in drei Jahren unterstützt werden darf). Rüdiger Kassuhn konnte ihn aufklären.

Eine sehr schräg, nämlich zu Gunsten der Wolfsgegner zusammengesetzte Runde war das also, die da über „Schießen oder Schützen“ des „Nachbarn Wolf“ diskutierte. Da konnte für den Wolf wohl nichts Gutes rauskommen – aber denkste: Der Sender hatte zeitgleich eine Publikumsumfrage gestartet mit der Frage, ob der Wolf geschützt bleiben sollte. 6.433 Zuschauer stimmten mit Nein – und sage und schreibe 12.224 mit Ja, also 66 Prozent! Eine Zweidrittelmehrheit! Ein Traum für Isegrim. Und eine Genugtuung dafür, dass nicht alles verfängt, was während einer Sendung so gesagt wird.

Und was da alles gesagt wurde! Zum Beispiel von Waldbesitzer Prinz Salm-Salm: Der Wolf in der Kulturlandschaft sei „ein Widerspruch in sich,“ und „wenn wir keine Wölfe hätten, so hätten wir auch keine Probleme mit ihnen!“ Deutlicher kann man nicht ausdrücken, was man will: Weg mit ihnen. Weg also mit allen Wildtieren, die uns Probleme bereiten und deshalb was kosten, als da wären Hirsche und Rehe (Millionenschäden in den Wäldern, was den Vertreter der Waldbesitzer Prinz Salm-Salm kein Wort wert war), Wildschweine, Wildgänse, Fischotter, Kormorane. Was für eine armselige Welt das wäre, die sich der Prinz anscheinend wünscht.

Oder Schäfer Rüdiger Kassuhn, der gegen den Wolf nichts habe – bloß halte der sich nicht ans Grundgesetz. Ich kenne kein Schaf, das sich ans Grundgesetz hält, warum auch – was also bitte soll der Satz?

Oder Prof. Michael Stubbe, der auch nichts gegen den Wolf „an sich“ hat (ach ja – keiner hat was gegen den Wolf, aber bitte nicht bei mir!), der aber allen Ernstes behauptet, zehn Rudel reichten aus für eine genetisch sichere Population. Der die Runde und das Publikum mit krampfhaften Zahlenspielen quälte, dass unsere Wölfe eigentlich keinen Schutz brauchen, weil sie weltweit nicht gefährdet seien, eine Bestandsbegrenzung sei dringend nötig. Und der meinte, es müssten Wolfsgebiete festgelegt werden, wobei er an Truppenübungsplätze und Naturschutzgebiete denkt – und anscheinend nicht begreift, dass die allerwenigsten davon Raum für auch nur ein einziges Rudel bieten.

Oder Staatssekretär Klaus Rehda – aber nein, von ihm war ein schneidiges Statement, das vielleicht zusammengefasst hätte, warum 66 Prozent Umfragebeantworter den Schutz der Wölfe ausdrücklich wollen, nicht zu hören. Auch nichts darüber, warum das Land immer noch seine „Leitlinie Wolf“ nicht fertig hat – nach immerhin sieben Jahren Wolfspräsenz. Aber er kündigte die Einrichtung eines „Wolfskompetenzzentrums“ auf Landesebene an. Ein solches ist soeben auf Bundesebene in Görlitz gegründet worden. Mal sehen, was draus wird. Immerhin war das die Überraschung des Abends.

Wer will, kann sich die Sendung in der Mediathek zu Gemüte führen. Hier der Link.

Unterschrift UW

 

 

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