Die Wölfe kommen – zum Artikel in der ZEIT vom 1. April 2015

Die Wölfe kommen – zum Artikel in der ZEIT vom 1. April 2015

25

06.04.2015

Nein, es ist kein Aprilscherz. Endlich hat nun auch das renommierte Wochenblatt DIE ZEIT mitbekommen, dass wir in Deutschland wieder Wölfe haben. Zweieinhalb Seiten, viel Platz bei diesem Großformat, widmet sie ihnen in ihrer Ausgabe vom 1.April – das heißt: den Ereignissen der letzten Wochen in Niedersachsen. Vor allem der Waldkindergarten in Goldenstedt, wo nachts ein Wolf gesehen worden sein soll, hat es dem Autor Stefan Willeke angetan. Damit will er gar nicht aufhören, Satz für Satz völlig belangloser „Information“ reiht er aneinander – es könne „22:15 Uhr, vielleicht ein paar Minuten eher, vielleicht ein paar Minuten später“ gewesen sein, die Dame, die den Wolf dort gesehen haben will (und wohl auch hat), „habe gerade an einem Treffen ihrer kleinen Theatergruppe teilgenommen, die in einem Raum des Restaurants Klostermann …“ und so geht das weiter, schiere Belanglosigkeit, Zeilen schinden nannten wir das in der Schule, wenn der Aufsatz mindestens vier Seiten lang sein sollte und uns nichts einfiel. Stefan Willeke fällt nichts ein.

Auf vierhundert Zeilen breitet er aus, was sich im Kielwasser dieses und einiger anderer Wolfsereignisse so alles auf der gesellschaftlichen und politischen Bühne abgespielt hat. Manches ist amüsant, manches ärgerlich, aber insgesamt ist das alles nichts Neues und von recht begrenztem Unterhaltungs- oder Informationswert. Irgendwann fällt ihm endlich auf, dass er sich doch schlauer machen sollte. Er muss ja auch noch weitere 500 Zeilen produzieren. Und wer fällt ihm dazu ein? Valerius Geist auf der anderen Seite der Erdkugel.

Zu Val Geist hat Wolfsite gesagt, was zu sagen war. Erst Ende März war er Stargast eines obskuren „Internationalen Wolfssymposiums“, das mehreren Leuten, die gerne zugehört hätten, den Zugang verweigerte. Val Geist, emeritierter Wildbiologe an der Universität Calgary, hat einen weltweiten Ruf als Huftierbiologe und Verhaltensforscher. Mit Wölfen hat er sich in seiner aktiven Zeit nie beschäftigt. Aber an seinem Lebensabend sieht der 77jährige nun seine Mission darin, Wölfe zu dämonisieren und europäische Schutzkonzepte lächerlich zu machen. Das steht bei Stefan Willeke nicht so drin.

Dass jemand vor Wölfen warnen zu müssen glaubt, obwohl er in der internationalen Wolfsszene keine Stimme hat – nichts dagegen. Dass jemand seinen wissenschaftlichen Ruf aufs Spiel setzt – seine Sache. Dass DIE ZEIT keine Fachzeitschrift ist, muss man hinnehmen. Dass sich dieses renommierte Blatt aber derart einseitig abspeisen lässt – das ist eine Enttäuschung über alle Maßen. Schade drum.