Der Realität ins Auge – von Werner Schmitz

Der Realität ins Auge – von Werner Schmitz

20

16.04.2015

Wenn ich in der Jagdhütte bin, lese ich, um zu wissen, wie der Moselaner tickt, den „Trierischen Volksfreund“. Oft steht in diesem Traditionsblatt etwas über die Jagd, denn wegen der Wilddichten und -schäden gibt es viel Streit. Vor zwei Jahren ließ sich zum Beispiel das Revier Bettenfeld nicht mehr verpachten, weil bis zu 100.000 Euro Wildschäden pro Jahr anfielen. Bettenfeld liegt im Kreis Bernkastel-Wittlich. Dessen Weidmänner hatten gerade Jahreshauptversammlung, las ich jetzt im „Volksfreund“. Und worüber erregten sich meine Brüder in Huberto? Über den Wolf. Den gibt es in Rheinland-Pfalz noch nicht. Damit das so bleibt, erhoben die Jäger warnend die Stimme. „Der Wolf ist eine Katastrophe“, barmte Kreisjagdmeister Vanck aus Hupperath. „Wir sprechen nicht von einem Wolf. Wölfe leben in Rudeln.“

Kurt Alexander Michael, der Chef des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz, war auf der Jahreshauptversammlung körperlich wie inhaltlich bei seinen Bernkasteler Weidgenossen: „Der LJV sieht als einer der wenigen Verbände die natürlichen Lebensbedingungen für Wolfsrudel im dicht besiedelten Rheinland-Pfalz mehr als kritisch.“

Ob er damit die wildreiche Eifel meinte oder den Pfälzer Wald, das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands, blieb offen.

Dem Journalisten Linz vom Trierischen Volksfreund scheint dieser gesammelte Sachverstand mächtig imponiert zu haben. Was er gelernt hatte, gab er unter der Schlagzeile „Blinde Romantik“ an die geneigte Leserschaft weiter. „Der Wolf ist ein Raubtier und tritt in Rudeln auf. Das ist die Realität, der jene ins Auge sehen müssen, die seine Wiederkehr begrüßen.“

Nicht dass nachher irgendein blinder Romantiker sagt, er habe von nix gewusst.