Da braut sich was zusammen

Da braut sich was zusammen

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08.05.2017

So etwa kann ich mir einen Problemwolf vorstellen ... (Foto U. Anders)

So etwa kann ich mir einen Problemwolf vorstellen … (Foto U. Anders)

Alle Welt redet plötzlich von Problemwölfen, Eingriffsmöglichkeiten und Obergrenzen. Politiker jeder Coleur fühlen sich bemüßigt, ihren Senf hinzu zu geben, egal ob der Wolf in ihr Ressort gehört oder nicht. Die Statements könnten unterschiedlicher nicht sein, eine „Parteilinie“ ist nicht erkennbar, es geht kunterbunt zu – und der Sachverstand bleibt auf der Strecke. Es trumpt.

Eine „klare Linie“ hält nur die FDP, allerdings ganz alleine in splendid isolation: Wolf ins Jagdrecht! Um ihn umgehend bejagen zu können, denn Wölfe hätten bei uns keine „Fressfeinde,“ so Gero Hocker (Niedersachsen). Stimmt, haben sie nirgends. Die meisten anderen Parteien und sogar die Jagdverbände wollen aber den Wolf im Jagdrecht nicht haben. Fast alle fordern jedoch „Eingriffsmöglichkeiten“ – ohne zu erklären, was sie sich davon versprechen, und als ob es solche nicht in jedem Managementplan längst gäbe! Wieder andere rufen nach „Obergrenzen,“ obwohl wir von einem günstigen Erhaltungszustand der Population noch weit entfernt sind – ganz egal, ob wir 1.000 erwachsene Tiere (für eine eigenständige Population) oder nur 250 (wenn sie ständigen Austausch mit anderen Populationen hat) im Auge haben.

Heftig angeschoben wird dieser ganze Aktionismus aus Brandenburg. Dort ist man im Herdenschutz noch nicht so weit wie z.B. in Sachsen, wo weitgehend Ruhe herrscht. Es ist die Mutterkuhhaltung, der die Wölfe zusetzen. Zunehmend erscheinen (kleine) Kälber auf der Liste der Wolfsrisse. Kälber, Rinder gar – das ist eine neue Dimension. Den Pfeffer in der Suppe liefert der Bauernbund, der sich des Themas bemächtigt hat und dabei eine aggressive Tonlage anschlägt.

Für dessen Geschäftsführer Reinhard Jung ist jeder Wolf ein „Problemwolf,“ der näher als 1.000 m an Menschen, Siedlungen oder Weidegebiete kommt. Solch ein Wolf, fordert er, gehöre „sofort erschossen.“ Andere „begnügen“ sich mit 100 m. Und ein Bundesforstbetrieb meint, jeder Wolf, der „in freier Landschaft“ gesehen wird, müsse vergrämt werden. Wie stellt man sich das vor?

Die Debatte geht nur scheinbar um verhaltensauffällige, vulgo Problemwölfe. Denn die sind so selten wie ein Weißer Hirsch. Ein einziger Wolf dieser Sorte, MT6 in Niedersachsen, ist in nunmehr siebzehn Jahren Wolfsanwesenheit als „verhaltensauffällig“ in Erscheinung getreten (ja ich weiß: Da waren noch der Rathenow-Wolf in Brandenburg und „Pumpak“ in Sachsen, alle beide keine „verhaltensauffälligen,“ vulgo Problemwölfe). Nein, es geht um mehr. Man rüttelt am günstigen Erhaltungszustand, an der Eigenständigkeit der zentraleuropäischen Population, manche bringen auch noch „Hybriden“ ins Spiel – es geht schlicht und einfach gegen die Wölfe.

Vor ein paar Tagen nun kamen die Umweltminister der Länder in Bad Saarow, Schwerin zu einer Konferenz zusammen, um über Problemwölfe, Obergrenzen, Eingriffsmöglichkeiten etc. zu beraten. Die Initiative dazu war von Brandenburg gekommen. Eben dort setzt man neuerdings auch auf eine Wolfs-Verordnung, die den Umgang mit verhaltensauffälligen Wölfen regeln soll. Soweit damit die rechtlichen Schritte gemeint sind, die es braucht, um einen verhaltensauffälligen Wolf zu eliminieren, ist das in Ordnung. Manche verknüpfen damit allerdings ganz andere Vorstellungen. Sie hoffen, dass der Türspalt geöffnet wird für eine Begrenzung der Wölfe, Erhaltungszustand und Habitatrichtlinie hin oder her.

Darüber wird zu reden sein, wenn die Ergebnisse der Ministerkonferenz und der Entwurf zur Wolfs-Verordnung bekannt sind.

Unterschrift UW

 

 

 

Lesen Sie auch den Bericht über das Wolfsplenum Brandenburg, den aktuellen Status Wolf und über die Forderungen des Landesjagdverbandes Brandenburg.